Nordic Walking, Tennis, Haftung

Nachdem wir uns in diesem Blog schon dem Radfahren in der Gruppe (und den haftungsrechtlichen Konsequenzen) gewidmet haben, soll es auch im heutigen Beitrag wieder sportlich werden. Getreu dem Motto „Sport ist Mord“ haben wir uns in diesem Beitrag mit dem unschönen Ende zweier Sporteinheiten auseinandergesetzt. Beleuchtet werden heute Nordic Walking und Tennis – zwei Sportarten mit eher geringem Gefahrpotenzial und genügend Abstand zu im rechtlichen Sinne potenziell „gefährlichen“ Mitsportlern. Doch auch hier passieren Unfälle, die zu Verletzungen und gelegentlich auch vor deutsche Gerichte führten.

Nordic Walking

So hatte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig in einem Urteil über den Fall zweier Nordic Walker zu entscheiden. Die Versicherung der Geschädigten verlangte vom beklagten Sportler Schadensersatz.

Der Fall

Die beiden Beteiligten absolvierten im Dezember 2013 gemeinsam eine Nordic Walking Einheit. Der Beklagte trat im Rahmen dieser Sporteinheit versehentlich gegen einen seiner Walkingstöcke. Der Stock geriet daraufhin zwischen die Beine der geschädigten Sportlerin, die neben ihm lief. Die Sportlerin stürzte aus diesem Grund und verletzte sich an der Hand. Die Sportlerin war daraufhin über ein Jahr arbeitsunfähig und verlor ihren Job. Die Klägerin zahlte ihr sodann Arbeitslosengeld und verlangte nunmehr den Ersatz des Arbeitslosengeldes.

Die Entscheidung

Das Landgericht sah bei dem Beklagten eine Schadensersatzpflicht aus fahrlässiger deliktischer Handlung und gab der Klage statt. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein. Auch das Oberlandesgericht (OLG) entschied, dass der Beklagte fahrlässig gehandelt habe. Fahrlässigkeit bedeutet juristisch definiert das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Genau dieser erforderlichen Sorgfalt habe der Beklagte nicht entsprochen, denn, so das OLG, „bei regelkonformem Nordic Walking könne der Gehende nicht versehentlich gegen den eigenen Stock treten.“

Wie es beim gemeinsamen Sporttreiben und der nachfolgenden juristischen Aufarbeitung üblich ist, hat das OLG sodann über einen Haftungsausschluss nachgedacht. Denn es ist anerkannt, dass Personen, die gemeinsam Sport treiben, wissen, dass sie im Rahmen der sportlichen Aktivität andere verletzen oder auch selbst verletzt werden könnten. Wer bewusst ein Risiko in Kauf nimmt, kann dann später nicht erwarten, dass ein anderer im Falle einer Verletzung vollumfänglich haftet.

Das OLG hat entschieden, dass ein Haftungsausschluss beim Nordic Walking nicht greife. Wer sich zum Nordic Walking verabrede, rechne weder damit, dass ein anderer verletzt werden könnte, noch damit, dass er selbst verletzt werde. Per se ergäben sich aus dem Nordic Walking keine Gefahren zwischen den Sportpartnern, weil die aus Körperkontakten resultierende Gefahr beim Nordic Walking nicht gegeben sei. Es könnten sich auch Gefahren aus einer Ablenkung durch Gespräche, die Beobachtung der Natur oder eine Schwächung der Konzentration ergeben. Dadurch würden sich aber lediglich gesteigerte Sorgfaltspflichten ergeben, denen beispielsweise durch eine Erhöhung des Abstands der Walkenden Rechnung getragen werden könnte. Die Haftung entfalle dadurch nicht.

In der Folge musste der Beklagte den begehrten Schadensersatz leisten.

Tennis

Vergleichbare Fragen musste sich das OLG Düsseldorf auch zu einem Unfall beim Tennis-Doppel stellen. In diesem Fall begehrte der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer Gehirnerschütterung, die er erlitten hatte, als der Beklagte mit seinem Tennisschläger statt – wie beabsichtigt – den Ball, den Kopf des Klägers traf, welcher infolgedessen eine Gehirnerschütterung und Kopfwunden davontrug.

Unterschiedliche Ansichten der Gerichte

In der Vorinstanz entschied das Landgericht Düsseldorf, dass der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen fahrlässigen deliktischen Handelns habe und dass die Haftung auch nicht ausgeschlossen sei. Das Gericht führte aus, dass das Doppelspiel beim Tennis nicht zu den sogenannten gefährlichen Sportarten gehöre, bei denen in einem gewissen Umfang mit Verletzungen gerechnet werden müsse und für die anerkannt sei, dass die Einhaltung der sportlichen Regeln einen Haftungsausschluss begründe.

Der Beklagte legte Berufung ein und obsiegte vor dem OLG.

Die Gerichte sind sich bei der Frage nach der Gefährlichkeit einer Sportart einig, dass zwischen körperlichen und nicht-körperlichen Sportarten zu unterscheiden ist. Bei körperlichen Sportarten bestehe ein Schadensersatzanspruch grundsätzlich nur bei nicht sportgerechtem beziehungsweise regelgerechtem Verhalten, weil im Übrigen die Haftung grundsätzlich ausgeschlossen sei.

Im vorliegenden Fall stellte sich nunmehr die Frage, wie das Doppelspiel im Tennis einzuordnen ist. Und hier entschied die Berufungsinstanz anders als das Landgericht in erster Instanz. Während das Landgericht ausführte, dass Tennis eine nicht auf Körperkontakt ausgerichtete Sportart sei, bei der kein Kampf um den Ball stattfinde und bei der das Doppelteam miteinander und nicht gegeneinander spiele, wies das OLG wegen eines Haftungsausschlusses die Klage ab.

Dem Tennisdoppel wohne die Gefahr inne, dass sich die Doppelspieler gegenseitig verletzten. Zwar sei Tennis nicht auf Körperkontakt ausgelegt, wenn jedoch die Doppelpartner in einem Feld stünden, in das der Spielball vom gegnerischen Team möglichst so gespielt wird, dass ihn die Doppelpartner nicht erreichen, so sei damit zu rechnen, dass es zu Zusammenstößen zwischen den Partnern komme, weil zwangsläufig unklare Situationen entstehen könnten, bei denen beide Doppelpartner zum Ball rennen. Tritt in solchem Fall dann ein Schaden ein, verwirkliche sich das typische Risikos des Doppelspiels beim Tennis. Dieses Risiko gingen die Spieler bewusst ein, sodass die Haftung ausgeschlossen sei.