E-Scooter und Strafrecht

E-Scooter, also Roller, die nicht durch Treten, sondern durch einen Elektromotor angetrieben werden, sind des einen Freud‘, des anderen Leid. Zum Sinn und Nutzen dieser kleinen neuen Fortbewegungsmittel soll hier weder Diskussion noch Positionierung erfolgen. Fest steht jedoch, dass diese Gefährte, seit sie in einer Vielzahl in größeren deutschen Innenstädten aufgetaucht sind, auch die Gerichte beschäftigen. Strafrechtliche Relevanz erhalten die E-Scooter im Bereich der Straßenverkehrsdelikte.

Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

Dies betrifft zum einen § 316 StGB, die Trunkenheit im Verkehr. Gesetzlich geregelt ist, dass sich strafbar macht, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses berauschender Getränke dazu nicht in der Lage ist. Die Rechtsprechung hat dafür Promillegrenzen festgelegt. Ab 0,3 Promille kann die sogenannte relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. Dies bedeutet, dass ein Fahrzeugführer zur Erfüllung des Tatbestandes einerseits alkoholisiert sein muss, andererseits müssen typische alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hinzutreten (Fahrstil, körperliche Auffälligkeiten, Unfall). Ab 1,1 Promille liegt die sogenannte absolute Fahruntüchtigkeit vor. Mit dieser Blutalkoholkonzentration ist das Tatbestandsmerkmal der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit unwiderlegbar erfüllt und wer in diesem Zustand ein Fahrzeug führt, macht sich strafbar. Ausfallerscheinungen müssen nicht hinzutreten. Der Wert von 1,1 Promille gilt jedoch nur für Kraftfahrzeugführer – bei Fahrradfahrern geht man von einer absoluten Fahruntüchtigkeit erst ab 1,6 Promille aus. Das Landgericht Osnabrück war bei einer Entscheidung aus Oktober 2020 nun mit der Frage konfrontiert, ob für E-Scooter-Fahrer die Promillegrenzen für Kraftfahrzeugführer oder die für Fahrradfahrer gelten. Das Gericht hat entschieden, dass die Promillegrenze für Kraftfahrzeugführer gelten. Die E-Scooter seien auf gesetzlicher Grundlage den Kraftfahrzeugen gleichgestellt. Somit seien auch die entsprechenden Promillegrenzen für die Nutzung von Kraftfahrzeugen anzuwenden. Eine Gleichstellung mit Fahrrädern erfolge gerade nicht. Und auf das niedrigere Gefahrenpotenzial von E-Scootern im Vergleich zu Personenkraftwagen komme es nicht an, da diese Art der Unterscheidung gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB)

Wer unter Alkohol ein Fahrzeug führt, macht sich nicht nur strafbar und riskiert eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Das Gesetz sieht dazu auch noch Nebenfolgen vor. Eine dieser Nebenfolgen ist in § 69 StGB geregelt – die Entziehung der Fahrerlaubnis. Voraussetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis ist, dass sich der Fahrzeugführer als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Für dieses Merkmal sieht § 69 Abs. 2 StGB jedoch eine Regelvermutung bei Straßenverkehrsdelikten vor. Das heißt, wer sich beispielsweise wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB) oder Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) strafbar macht, ist in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

Mehrere Gerichte nahmen nunmehr zu der Frage Stellung, ob diese Vermutung ggf. widerlegt werden kann, wenn eine der oben genannten Taten mit einem E-Scooter begangen wird. Entschieden haben darüber das Amtsgericht Dortmund und das Amtsgericht Frankfurt am Main sowie das Landgericht Halle. Und die Gerichte waren sich einig: Wer betrunken auf einem E-Scooter unterwegs ist, kann trotz Verurteilung seinen Führerschein gegebenenfalls behalten. Hier haben die Gerichte dann doch das Gefahrenpotenzial eines E-Scooters im Vergleich zu Kraftfahrzeugen beziehungsweise Fahrrädern herangezogen und sehen die Scooter aufgrund ihres Gewichtes und der geringen Höchstgeschwindigkeit eher in der Kategorie der Fahrräder. Auch die Leistungsanforderungen entsprächen eher dem eines Fahrrades als dem eines Autos, zudem dürfe der E-Scooter ohne Fahrerlaubnis genutzt werden. Diese Einschätzung hielt zumindest das AG Frankfurt am Main nicht davon ab, gegen den Beschuldigten ein sechsmonatiges Fahrverbot zu verhängen, dessen Voraussetzungen es bejahte (§ 44 StGB).

Besonders schwerer Fall des Diebstahls?

Zu guter Letzt ist zu bemerken, dass E-Scooter gelegentlich auch das Begehren von Langfingern wecken. Wer einen Roller entwendet, macht sich wegen Diebstahls strafbar – keine Frage. Aber ist damit auch das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Nr. 2, nämlich das Stehlen einer Sache, die durch eine Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, erfüllt, und liegt damit ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vor? Wer schon einmal versucht hat, einen der Roller wegzuschieben oder wegzufahren ohne ihn vorher mittels App entsperrt zu haben, wird bemerkt haben, dass eine elektronische Bremse die „unrechtmäßige“ Fortbewegung mit dem Roller verhindert. Kernfrage ist, ob die elektronische Sicherung eine Schutzvorrichtung ähnlich beispielsweise eines Fahrradschlosses darstellt. Nach Sinn und Zweck der Bremse tut sie dies, allerdings verhindert Sie das wegfahren nicht endgültig, sondern erschwert dies nur. Insofern bleibt abzuwarten, wie die Gerichte sich hierzu künftig positionieren werden.